Nicole M. Wilk
Diskurs- und Kulturlinguistin (Interkulturelle Germanistik, Georg-August-Universität Göttingen)
Ihre Auffassung von Kulinaristik in einem Satz:
Kulinaristik verbindet die leibliche und die symbolische Dimension des Essens.
Welche der Themen, mit denen Sie sich bisher beschäftigt haben, berühren kulinaristische Perspektiven? Worum geht es da?
Mich interessiert der Ernährungsdiskurs und seine Verbindung zur sozialen Ordnung, also das Reden über Essen und nicht so sehr das Ernährungshandeln selbst. Beide können sich stark unterscheiden. In meinen Aufsätzen habe ich Argumentationsmuster im öffentlichen Sprachgebrauch untersucht und festgestellt, dass Phrasen wie gesunde oder ausgewogene Ernährung, Morpheme wie bio oder Schlüsselwörter wie Nachhaltigkeit oft sehr abstrakte, manchmal auch widerspruchsvolle Konzepte bilden. Das ist z.B. erkennbar bei einem Vergleich der Verwendungsweisen in der Werbung und in Medienberichten. Gesundheitsappelle werden auf vielfältige Weise aufgegriffen und können zitiert, ironisiert und auch mit sozialen Werten aufgeladen werden. Was Menschen in Alltagsgesprächen mit diskursiv geprägten Ausdrucksmustern oder modernen „Mythen“ (Roland Barthes) machen, ist sehr unterschiedlich und hängt auch von der Konstellation der Gesprächsgruppe ab.
Welchen Beitrag kann die kulinaristische Perspektive auf das alltägliche Essverhalten Ihrer Meinung nach leisten?
Die kulinaristische Perspektive versucht Essverhalten so zu situieren, dass es im Kontext von verschiedenen Diskurspraktiken erscheint.
Was wünschen Sie sich für die Ernährung der Zukunft?
Mehr Bauernmärkte.
Mit welchen Ernährungsthemen beschäftigen Sie sich ganz aktuell?
Lebensmittelverschwendung, Hunde vegetarisch ernähren, Fleischersatzprodukte, Euphemismen wie Fleischproduktion
Wovon hängt aus Ihrer Sicht gutes Essen ab?
Von der Situation
Wie würden Sie Ihre Ernährungsvision beschreiben?
Weniger Produktvielfalt